Jean-Claude Richard ist eine Koryphäe am Gebiet der Naturkosmetik, Aromatherapie und natürlichen Duftstoffen. Sein Wissen in diesen und damit verwandten Bereichen ist enorm – und sein Leben und seine Persönlichkeit spannend, überraschend und inspirierend. Dies sind Ausschnitte aus einem Interview, die zum Nachdenken anregen, spannende Einblicke gibt und Lust darauf macht, mehr zu lernen.
Biomazing: Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit nehmen, Herr Richard! Zuerst einmal sind wir neugierig zu erfahren, was Sie beruflich gemacht haben, bevor Sie Farfalla gegründet haben und wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Naturkosmetik-Unternehmen zu gründen?
Jean-Claude: Die gleiche Gruppe von Freunden aus dem Kanton Uri ist schon zusammen zur Schule gegangen. Wir haben eine der ersten Wohngemeinschaften gegründet und haben 10 Jahre lang im Tessin in der Nähe von Lugano gelebt. Wir haben damals Musik gemacht (Musiktheater und Strassenmusik), was eine wichtige Basis für uns alle und letztlich auch für unser Geschäft gewesen ist. Wenn man gemeinsam Musik macht, und dann streitet, dann gibt es eben keine schöne Musik. Danach habe ich eine Zeit lang in einem Reisebüro gearbeitet und Abenteuerreisen organisiert, und auch geleitet. Wir sind über einen Freund auf natürliche Duftststoffe gekommen. Ich bin dann auf die Idee gekommen, Kosmetikprodukte selbst mit dem Küchenmixer anzurühren. Unsere Vision war es, ein spannendes Leben zu führen.
Biomazing: Ist Ihnen das gelungen?
Jean-Claude: Ja, ich denke schon, es ist jedenfalls bis heute sehr spannend geblieben. Man hat in diesem Alter aber natürlich auch eine andere Vorstellung davon, was spannend ist. Wir haben damals 3 Jahre lang mit diesen Dingen experimentiert, und uns dann dazu entschlossen, einen Laden zu eröffnen. Unser Laden lief am Beginn sehr schlecht und Naturkosmetik war ja unbekannt. Wir hatten aber das Glück, recht bald mit Ringier zusammenarbeiten zu können. Das hat uns sehr sehr sehr geholfen.
Biomazing: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, mit ätherischen Ölen Kosmetik zu machen?
Jean-Claude: Der Grund ist eigentlich, dass sich ätherische Öle sehr gut für die Hautpflege eignen. Ätherische Öle eignen sich auch für therapeutische Behandlungen und Massagen. Wir hatten von Anfang an Kontakt zu einer ganz besonderen Frau in den Cevennen, die uns sehr viel beigebracht hat. Sie hat uns über Pflanzen, ihren Lebensraum, und die Kombinationen von Pflanzen aufgeklärt, und wir arbeiten bis heute noch sehr eng mit ihr zusammen. Sie hat unser Bild komplettiert. Das erste Geld, das wir mit Farfalla verdient haben, haben wir dann in eine Destillerie in den Cevennen investiert.
Biomazing: Hat sich der Begriff „Bio“ seit damals verändert?
Jean-Claude: Ich denke, sehr viele Begriffe verlieren an Bedeutung, wenn sie ein Trend werden, weil sie verwässert werden. Sicher ist es sehr positiv, dass die Biobewegung heute breiter ist. Es gibt heute aber auch sehr viel industrielle Bioproduktion. Dort wird „bio“ oft darauf reduziert, dass Produkte nicht gespritzt sind. Das ist aber eigentlich nicht „biologisch“. Bio logos, das heisst „dem Leben gerecht“. Es ist nicht korrekt, dass man heute viel Geld für Bioprodukte zahlen muss – es müsste eigentlich umgekehrt sein, da die Produkte ja so sein sollten, wie sie von der Natur gedacht waren. Wir leben diesbezüglich heute ein bisschen in einer verkehrten Welt. Das „Normale“ ist eigentlich das „Wilde“.
Biomazing: Ist die Qualität der Pflanzen besser oder reiner wenn sie aus wildem Anbau stammen?
Jean-Claude: Pflanzen sind wie Menschen – wenn sie in einem Wohnhaus wohnen, dann haben Sie auch lieber Nachbaren, die zu Ihnen passen. Pflanzen sind genauso – sie wachsen in Pflanzengemeinschaften, und es findet in der Natur auch ein ständiger Verdrängungswettkampf statt. Die erste Pflanze, die nach einem Waldbrand in Südfrankreich wächst, ist die Immortelle. Nach ein paar Jahren kommt wilder Rosmarin, der dann später von der grünen Eiche verdrängt wird usw. Man kann das immer wieder beobachten. Nicht jede Pflanze mag es, wenn man sie in einen Boden zwingt, der ihr natürlicherweise nicht passt. Ich denke, es ist wichtig sich zu fragen, was eigentlich logisch und normal ist – das betrifft die Natur, und auch die Menschen in der heutigen Zeit. Es ist wichtig, gerade zu denken.
Biomazing: Was war das erste Produkt, das Sie produziert und verkauft haben, und wie lange haben Sie dafür gebraucht?
Jean-Claude: Wir waren mit der Produktion und dem Verkauf sehr schnell – wir haben die ätherischen Öle in Frankreich produziert, mit der Schreibmaschine Etiketten geschrieben und die Öle verkauft. Es war damals zwar zuerst ein sehr schönes Hobby, und es hat ein bisschen gedauert, bis wir uns aus unseren Berufen endgültig verabschiedet hatten, weil wir auch schon Familie hatten. Ich habe ausserdem meinen Beruf im Reisebüro auch sehr gerne ausgeübt, da ich mich auf Wüstentouren spezialisiert hatte. Die Materie hat mich aber auch sehr interessiert.
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Biomazing: Was hat Sie daran am meisten fasziniert?
Jean-Claude: Die Düfte. Düfte sind etwas, was man nicht angreifen kann, und was man nur im Moment erleben kann, man kann sie auch nicht mitnehmen. Diese Faszination war auch der Grund warum ich mich in die Materie sehr vertieft habe. Die Ausbildungen zum Aromatologen und zum Osmologen haben mich sehr weitergebracht.
Biomazing: Was unterscheidet Farfalla von anderen Naturkosmetikmarken, oder wie hebt sich Farfalla davon ab?
Jean-Claude: Wir sind immer unseren eigenen Weg gegangen und waren nie so sehr darauf konzentriert, was die anderen Unternehmen gemacht haben. Der grösste Reichtum unseres Unternehmens ist der Ideenreichtum – von Anfang an bis heute. Wir haben unzählige Projekte, die wir gerne machen würden und können nur 1/3 davon umsetzen. Vielleicht ist das eine grosse Qualität von uns. Wir haben einen langsameren Entwicklungsprozess, aber diskutieren immer bis wir uns einig sind. Das macht die Qualität unserer Produkte auch aus, da – wenn vier Personen sich einig sind – einiges an Gedankenarbeit getan werden muss. Das Wachstum unseres Unternehmens war daher immer organisch.
Biomazing: Vielen Dank für dieses inspirierende Interview. Nun beschnuppern wir farfalla mit neuen Augen und einer frischen Nase!
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Teile dieses Artikels sind zuerst auf www.thetwist.ch erschienen, dem Vorgänger von Biomazing; photo credit: http://blog.aromapraxis.de