Abgelaufen! … oder doch nicht? Die Haltbarkeit von Naturkosmetik. MHD und PAO erklärt

biomazing über mhds und paos

„Ist das noch gut, oder muss ich es wegwerfen?” – diese Frage stellen sich viele nicht nur im Zusammenhang mit Lebensmitteln, sondern ebenso bei kosmetischen Produkten. Allzu oft entscheidet man sich in einer solchen Situation „sicherheitshalber” für die Wergwerf-Option. Dabei ist das in vielen Fällen überhaupt nicht notwendig – selbst dann nicht, wenn das Produkt offiziell bereits abgelaufen ist.

Und so kommt es dazu, dass Tonnen von einwandfreien Kosmetikartikeln im Müll landen. Fest steht: Nachhaltige Kosmetik und Körperpflege sieht anders aus. Ein wesentliches Problem liegt darin, dass die Hersteller von Kosmetikartikeln ihre Konsumenten oftmals nicht vollumfänglich über die tatsächliche Nutzungsdauer ihrer Produkte informieren (können).

Darum wollen wir an dieser Stelle genauer darauf eingehen, was es mit der sogenannten Period After Opening (PAO) und dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) auf sich hat.

MHD & PAO – GESETZLICHE GRUNDLAGEN IN EUROPA

Im Jahr 2013 trat die europäische Kosmetikverordnung EG 1223/2009 in Kraft. Diese enthält zahlreiche verbindliche Richtlinien im Hinblick auf die klare Kennzeichnung und Kommunikation aller relevanten Sicherheitsinformationen zu Kosmetikartikeln. Im Grunde gilt hier die Regel: Kosmetische Produkte müssen für die menschliche Gesundheit unbedenklich sein. Um Handelsbarrieren zu vermeiden, erarbeitete man in der Schweiz ebenfalls eine dementsprechende Kosmetikverordnung. Diese gilt seit 2017 und deckt sich zu großen Teilen mit der europäischen Kosmetikverordnung.


Maßgeblich von Bedeutung waren im Zusammenhang mit der Haltbarkeit von Kosmetikprodukten bei diesen Regelungen vor allem zwei Komponenten – das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bzw. expiration date und die Verwendungsdauer nach dem Öffnen (PAO) bzw. period after opening. Im Sicherheitsbericht des Kosmetik-Compliance-Prozesses werden diese im Abschnitt „Physikalische/chemische Eigenschaften und Stabilität des kosmetischen Mittels” behandelt. Um maximale Sicherheit für die Verbraucher zu gewährleisten, werden beide Faktoren berücksichtigt. Im Wesentlichen bedeutet das: Jedes Kosmetikprodukt in der EU sowie in der Schweiz muss entweder mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) oder einer Verwendungsdauer nach dem Öffnen (PAO) versehen werden.

DAS MINDESTHALTBARKEITSDATUM (MHD)

Das Mindesthaltbarkeitsdatum wird im Volksmund fälschlicherweise immer wieder als Ablauf- oder Verfallsdatum bezeichnet. Grundsätzlich bezieht es sich auf die kürzeste mögliche Zeitspanne, die verstreicht, bis die intendierte oder beworbene Wirkung eines Produktes abnimmt. Es handelt sich dabei um eine Mindestangabe und bedeutet nicht, dass das Produkt seine Wirksamkeit mit diesem Datum gänzlich einstellt.

Vielmehr versteht man unter dem Mindesthaltbarkeitsdatum denjenigen Zeitraum, in dem das Produkt seine Funktion voll und ganz erfüllt. Je nach der Art des Kosmetikprodukts und seiner Beschaffenheit können diese Daten stark variieren. So kommt es auf die konkrete Handhabung an und insbesondere darauf, inwiefern es zu Interaktionen mit Bakterien, Pilzen etc. kommen kann. Ausschlaggebend ist darüber hinaus die Konsistenz des Artikels. Wenn ein Produkt etwa mit der Zeit austrocknen oder zu feucht werden kann, kann der Verbraucher es wahrscheinlich nicht lange auf die intendierte Weise nutzen. Dadurch verkürzt sich die Zeitspanne, bis das Produkt offiziell „abläuft”, erheblich.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die chemische Zusammensetzung von Kosmetika. In einigen Fällen trennen sich Produkte nach einer Weile in ihre verschiedenen Bestandteile auf. Infolgedessen nimmt zumeist auch ihre Effektivität ab.

Bei Kosmetika mit einer Haltbarkeit von weniger als 30 Monaten muss gemäß europäischer Kosmetikverordnung ein Mindesthaltbarkeitsdatum auf der Produktverpackung deutlich sichtbar ausgewiesen werden.

DIE VERWENDUNGSDAUER NACH DEM ÖFFNEN (PAO)

Bei allen kosmetischen Produkten mit einer Haltbarkeit über einen Zeitraum von mehr als 30 Monaten muss kein Mindesthaltbarkeitsdatum angegeben werden. Anstelle dessen ist eine Verwendungsdauer nach dem Öffnen – die PAO (Period After Opening) – auszuweisen. In diesen Fällen findet sich auf der Verpackung des Produktes ein klar erkennbares Symbol eines geöffneten Tiegels mit einer Monats- oder Jahresangabe, zum Beispiel 12M für eine 12-monatige Verwendungsdauer nach dem Öffnen.

Die Period After Opening kann als derjenige Zeitraum definiert werden, über den ein Produkt nach dem ersten Öffnen stabil wirksam und für den Gebrauch sicher bleibt. Wie das Mindesthaltbarkeitsdatum hängt sie also mit dem Ausmaß der Verschlechterung der Leistung eines Produktes zusammen.

Im Unterschied dazu wird die PAO aber viel direkter von der ersten Verwendung beeinflusst, als dies beim MHD der Fall ist. Diese erste Interaktion mit dem Verbraucher geht unweigerlich mit dem bestehenden Risiko einer mikrobiellen Kontamination einher. Aus diesem Grund werden bei der PAO neben dem Produkttyp und seiner beworbenen Wirkungen eine Vielzahl weiterer Faktoren berücksichtigt.

DIE BEDEUTUNG VON MHD UND PAO IN DER PRAXIS

Was bedeuten das MHD und die PAO nun konkret? Im Kern beziehen sich diese beiden Begrifflichkeiten lediglich auf die Verantwortung des Herstellers. Über den im MHD/PAO angegebenen Zeitraum hinweg muss dieser gewährleisten können, dass ein kosmetisches Produkt seine Beschaffenheit beibehalten und seine Funktion erfüllen kann.
Zum Beispiel “Das Produkt ist 28 Monate vollumfänglich wirksam”, aber nicht “Das Produkt ist nach 28 Monaten nicht mehr wirksam oder nicht mehr zu verwenden”! Das macht einen großen Unterschied, vor allem auch für die Nachhaltigkeit und die konkrete Anwendungsdauer bei uns zu Hause im Badezimmer.

Ergänzend zum Mindesthaltbarkeitsdatum oder der Verwendungsdauer nach dem Öffnen werden gelegentlich Aufbewahrungsbedingungen wie bestimmte Temperaturangaben angeführt. Ausschlaggebend ist, dass die meisten Produkte bei sachgemäßer Verwahrung und Nutzung weitaus länger verwendet werden können als bis zum MHD. Wie lange genau der Gebrauch von Kosmetik über diese Zeitspanne hinweg ohne Bedenken möglich ist, ist von verschiedenen Faktoren abhängig.

Je nach Produktart geben Experten hierbei unterschiedliche Schätzungen ab:

So lassen sich beispielsweise viele Make-ups über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nutzen. Bei richtiger Lagerung an einem kühlen und trockenen Ort halten sie sich ungeöffnet zudem durchaus zwei bis drei Jahre. Etwaige enthaltene Konservierungsmittel zersetzen sich dennoch im Laufe der Zeit. Für Make-Up und Skincare gilt: Wenn sich die Farbe, die Konsistenz oder der Geruch ändern, sollte man sich von seinem Produkt trennen.

Produkte ohne starke Konservierungsmittel können “leicht” verderben. Besondere Vorsicht ist überdies bei cremigen und ölbasierten Produkten geboten, die Öle oder Butter beinhalten. Die enthaltenen Öle können ranzig werden. Dies lässt sich leicht am veränderten Geruch erkennen. Produkte wie Lipliner- oder Eyelinerstifte zeichnen sich für gewöhnlich durch eine erheblich längere Haltbarkeit aus. Da sie angespitzt werden können, lassen sie sich ohne Probleme weiterhin verwenden und haben quasi kein Ablaufdatum. Eine Ausnahme bilden Kajal-Filzstifte, die in der Regel von selbst irgendwann austrocknen.

FAZIT & TIPPS FÜR DEN UMGANG MIT KOSMETIK NACH MHD/PAO

Letztendlich lässt sich festhalten: Nichts hält für die Ewigkeit, doch (Natur-)Kosmetik hält häufig länger, als viele denken oder als auf der Verpackung angegeben. Nachhaltigkeit und Unbedenklichkeit für die menschliche (und tierische) Gesundheit sind die beiden zentralen Anforderungen, die üblicherweise an natürliche Kosmetikprodukte gestellt werden.
Bei vielen kosmetischen Artikeln können diese definitiv noch nach dem offiziellen MHD oder der PAO erfüllt werden. Kein Produkt wird nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder der Verwendungsdauer nach dem Öffnen gleich automatisch wirkungslos oder schädlich. Wie bei Lebensmitteln empfiehlt es sich keineswegs, kosmetische Produkte sofort wegzuwerfen, sondern im Einzelfall zu entscheiden.

Am Produkt riechen und dem eigenen Gefühl vertrauen.


Um Verschwendung zu vermeiden, ist ein gewissenhafter Umgang mit Kosmetik erforderlich. Unterlaufen bei der Verwendung oder Lagerung gewisse Fehler, müssen die jeweiligen Produkte schon früher in den Müll wandern.

Wichtig ist aber auch: Nicht immer lässt sich Verfall oder Verderben hierbei einwandfrei feststellen. Aber sobald Produkte hingegen anfangen, auffällig zu riechen, sollten sie auf jeden Fall entsorgt werden. Bei einer Veränderung der Konsistenz ist ebenfalls Vorsicht geboten. Wird ein Produkt trocken oder bröckelig, sollte es niemals mit Wasser oder Speichel befeuchtet werden. Auf diese Weise gelangen leicht Bakterien oder Pilze in den Tiegel.


Allgemein gilt, dass je besser man auf seine Produkte achtet und diese trocken und kühl lagert, umso länger bleiben diese im optimalen Zustand. Wer also bewusst und vorsichtig mit seiner Pflege umgeht und einen Riecher für Veränderungen im Produkt entwickelt, wird an seinen (Natur-)Kosmetikprodukten lange Freude haben – auch einige Zeit über das „Ablaufdatum” hinaus.

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